Mittwoch, 14. August 2013

Feierabend-Espresso, Bahnhofs-Idylle und neue Utopien

Klar, die Schwebebahn ist das Wahrzeichen von Wuppertal. Aber auch alte Gebäude zeichnen das Bild im Tal. Das muss man mögen oder eben nicht. Ich hatte ja schon immer ein Faible für alte, verwohnte  Gebäude und Industriekultur. Wenn man einem Ort ansieht, dass dort gewohnt, gelebt, geliebt und gelitten wurde, geht mein Herzchen auf. Deshalb hab ich natürlich gar nicht erst lange gezögert, als mir jemand vom alten Bahnhof Wuppertal-Mirke erzählte. Stillgelegter Bahnhof, Denkmalschutz und jede Menge Geschichte - natürlich musste ich mir das unbedingt selbst mal ansehen. 

Mit Feierabend-Espresso im Blut und großer Freude über ein paar Sonnenstrahlen habe ich also einen kleinen Abstecher über "Mirke" gemacht und wurde nicht enttäuscht. Fast sah mich das alte Empfangsgebäude an, als würde es sagen wollen: "Ja, ich habe gelebt, ich hab' viel zu erzählen!" und das würde es, wenn es sprechen könnte - so übernehme ich das erzählen mal stellvertretend.

 

Der Mirker Bahnhof hat schon ganz schön viele Jahre auf dem Buckel und das sieht man ihm natürlich auch an. Seit 1882 fuhr hier die Wuppertaler Nordbahn von Düsseldorf über Wuppertal bis in den Ruhrpott und wieder zurück. Reisende stiegen zu und aus, begrüßten sich, nahmen Abschied, lebten Wiedersehensfreude und Abschiedsschmerz. Ich finde, Bahnhöfe strahlen immer so eine Aufbruchstimmung aus, kurz wünschte ich mir ein kleines Köfferchen und eine historische Fahrkarte - Fernweh und Reisefieber klopften an. Aber hier müsste ich wohl lange auf einen Zug nach Irgendwo warten.... genaugenommen ist hier seit 1991 keine Bahn mehr vorbeigekommen.

 

So richtig begeistert hat mich das alte Bahnhofsgebäude aber erst mit seiner Rückseite - ein schöner Rücken kann auch entzücken. Und das gilt ganz offensichtlich auch für Bahnhöfe. Denn von hinten offenbart sich: Der Zustand der alten Empfangshalle ist nicht mehr der allerbeste. Und wer eben aufmerksam mitgelesen hat, weiß, dass ich genau hier in Entzückungsjauchzer ausbreche. 

Bahnhof Mirke sieht ein bisschen verbraucht aus. Aber das hat er sich auch verdient, denn der Bahnhof hätte wirklich viel zu berichten, wenn er könnte: Seit 1987 Baudenkmal, 1991 stillgelegt, 2003 als Filmkulisse für den Spielfilm "Bye Bye Blackbird" neuen Ruhm erlangt, 2006 bestohlen wurden (Wer um Himmels willen klaut historische Fenster aus einem alten Gebäude?!), Hausbesetzer, Brandanschlag 2008.

Was mich dann gleich noch viel mehr begeistert hat - so richtig stillgelegt ist die alte Empfangshalle seit 2011 schon längst nicht mehr. In den Bahnhof ist neues Leben eingezogen: Utopiastadt, wieder einmal eine spannende Inititative von engagierten Menschen in Wuppertal, über die ich sicher später noch mal mehr berichte:  
Hier gibt's mehr über Utopiastadt!

 

Beflügelt von der Idee Utopiastadt, dem schönen alten Bahnhof, den ich da entdeckt und aus allen Perspektiven genau unter die Lupe genommen habe, und ein paar tapferen Sonnenstrahlen musste ich dann unbedingt noch durch Matsch, Gestrüpp und Dornenbüsche kraxeln, um über ein Mäuerchen direkt am Bahnhof Mirke zu gucken. Und gelohnt hat es sich (Ja, auch das abendliche Schuheputzen danach!)...


Schöne Häuser in der Wuppertaler Abendsonne. So hab ich wieder eine tolle Ecke in Wuppertal entdeckt. Und ich freue mich schon auf viele weitere Entdeckungen!



Motto des Tages: Spontane Feierabendausflüge lohnen sich - Und Schuhe putzen war eh dringend mal nötig!


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